Die Schöpfung des Weines – Gedicht von Theodor Apel.
Ich weiß ein Märchen wunderbar,
Das will ich Euch erzählen:
War einst ein Mägdlein, hold und klar,
Mit rother Wang‘ und gold’nem Haar,
Die that die Männer quälen,
Ja quälen,
So recht nach Herzenslust!
Ein Jüngling warb so liebevoll
Lang um die spröde Dirne;
Sie lachte nur; da ward er toll
Und heulte laut vor Wuth und Groll,
Trug Falten auf der Stirne,
Ja Stirne,
Und Backen kreideweiß!
Der liebe Gott zur Erde kam
Und sah den armen Jungen;
Und wie er sah den schweren Gram,
Er sich’s sogleich zu Herzen nahm
Und rief aus vollen Lungen,
Ja Lungen,
Blitzmädel, gleich komm‘ her!
Machst Du die Männer krank und bleich
Mit meinen Huldgeschenken,
Ja wär‘ ich nicht so gnadenreich,
Mein Blitz erschlüge Dich sogleich —
So will ich Dich nur senken,
Ja senken,
Gleich hier in’s Ackerland!
Am Ort, wo sie versunken war,
Erwuchsen d’rauf zwei Reben,
Die goldig, wie der Jungfrau Haar,
Und roch, wie ihrer Wangen Paar,
Den Wein, den Wein uns geben,
Ja geben,
Zum Trost für Liebekqual!
——–
Quelle: Bacchus – Buch des Weins, Sammlung der ausgezeichnetsten Trinklieder der deutschen Poesie, herausgegeben von E. M. Oettinger, Baumgärtner´s Buchhandlung, Leipzig, 1854
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