Der Kornbauer aus Ichstedt

Der Kornbauer aus Ichstedt – Sage von Ludwig Bechstein

Es war im Jahre 1669, daß ein Bauer aus dem Dorfe Ichstedt einen Wagen voll Korn nach Nordhausen zum Verkaufe fahren wollte. Dem begegnet ein kleines Männlein und fordert ihn auf die Frucht auf den Kyffhäuserberg zu liefern; er solle dafür denselben Preis nehmen, den das Korn in der damaligen teuern Zeit kostete. Solches tut der Bauer, kommt hinauf und sieht in der Bergtiefe den verzauberten Kaiser sitzen, aber stumm, unbeweglich und schlafend.

Das Geld, das er für sein Getreide empfängt, ist uralten Gepräges gewesen und darunter manches Stück, das auf der einen Seite ein Kaiserbild mit der Umschrift „Tiberius“ getragen hat, auf der anderen aber die Aufschrift „Halber Sekel.“ Eine eiserne Kette, die ihm das Männlein beim Wegfahren noch auf den Wagen geworfen, hat ein solch schweres Gewicht bekommen, daß die Pferde den Wagen fast nicht mehr zu ziehen vermochten. Der Bauer hat die Kette herunterwerfen wollen, was ihm nicht gelungen ist; als er nun aber nach Ichstedt zurückkommt, findet es sich, daß die eiserne Kette sich in eine goldene verwandelt hat.


Quelle: Deutscher Sagenschatz, herausgegeben von Dr. J. W. Otto Richter, Verlag von Otto Mähnert, Eisleben, 1877