Der Milchtopf – Johann Michaelis

Gehörig aufgeschürzt, mit starken Schritten,
den Milchtopf auf dem Kopf, ging Marthe nach der Stadt,
um ihre Ware feilzubieten.

Weil doch nun beim Verkauf ein jeder Sorgen hat,
so überdachte sie, was, wenn´s das Glück ihr gönnte,
sie wohl damit verdienen knnte.

„Sechs Groschen“, dachte sie, „gibt mir wohl jedermann;
denn in der Stadt ist alles teuer.
Die streich´ ich also ein und lege sie mir an
und kaufe mir, soweit sie reichen, Eier;
die bring´ ich wieder in die Stadt.

Das Glück hat of sein Spiel. für das, was ich gewänne,
kauf´ ich mir lauter Hühner ein.
Dann legt mir eine jede Henne;
ich zieh´ auch dreimal Brut. Wie wird sich Marthe freu´n,
wenn so viel Hühner um sie flattern!
Die soll gewiß kein Fuchs ergattern.

Sind sie ann groß genug, so kauf´ ich mir ein Schwein;
Die Kleie hab´ ich schon dazu.
Das Schwein verkauf´ ich auch und kauf´ mir eine Kuh;
die wirft ein Kalb, ein Kalb voll Mut und Feuer.

Ho, wie es spring!“ – Hopf, Anne Marthe, hopf! –
Hoch springt sie. – Gute Nacht, Kalb, Kuh, Schwein, Hühner, Eier!
Da lag der Topf!


Der Milchtopf ist ein Gedicht von Johann Michaelis.

(Quelle: Uralte Weisheit – Fabeln aus aller Welt, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Bonn, ohne Jahr)