Der Schlemmer
(Autor: unbekannt)
Wo soll ich mich hinkehren,
Ich dummes Brüderlein?
Wie soll ich mich ernähren?
Mein Gut ist viel zu klein.
Als ich ein Wesen han,
So muß ich bald davon;
Was ich heur sollt verzehren,
Das hab ich fernt vertan.
Ich bin zu früh geboren,
Ja, wo ich heur hinkumm,
Mein Glück das kommt erst morgen.
Hätt ich das Kaisertum,
Darzu den Zoll am Rhein,
Und wär Venedig mein:
So wär es all verloren,
Es müßt verschlemmet sein.
So will ich doch nit sparen,
Und ob ich alls verzehr,
Und ich will darum nit sorgen,
Gott bschert mir morgen mehr.
Was hilfst, dass ich lang spar?
Vielleicht verlör ichs gar,
Sollt mirs ein Dieb austragen,
Es reuet mich ein Jahr.
Ich laß die Vögel sorgen
In diesem Winter kalt;
Will uns der Wirt nicht borgen,
Mein Rock gib ich ihm bald,
Das Wammes auch dazu;
Ich hn weder Rast noch Ruh
Den Abend als den Morgen,
Bis daß ichs gar vertu!
Steck an die Schweinebraten,
Darzu die Hühner jung!
Darauf mag uns geraten
Ein frischer, freier Trunk.
Trag einher kühlen Wein
Und schenk uns tapfer ein:
Mir ist ein Beut geraten,
Das muß verschlemmet sein.
Drei Würfel und ein Karten,
Das ist mein Wappen frei,
Sechs hübscher Fräulein zarte,
An jeglich Seite drei.
Komm her, du schönes Weib,
Du erfrest mir mein Herz im Leib,
Du mußt heut auf mich warten,
Der Wein ist Zeitvertreib.
Quelle: Deutsche Dichtung der Neuzeit, Verlag G. Braun, Karlsruhe, ohne Jahr.
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