Der Winter – Gedicht von Matthias Claudius
Der Winter ist ein rechter Mann,
kernfest und auf die Dauer.
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
er scheut nicht Süß noch Sauer.
War je ein Mann gesund, ist er’s;
er krankt und kränkelt nimmer.
Er badet sich am Eis des Meers
und schläft im kalten Zimmer.
Er zieht sein Hemd im Freien an,
je kälter, desto lieber;
und spottet über Fluß im Zahn
und über alle Fieber.
Aus Blumen und aus Vogelsang
weiß er sich nichts zu machen;
haßt warmen Trank und warmen Klang
und alle warmen Sachen.
Doch wenn die Füchse bellen sehr
wenn’s Holz im Ofen knittert,
und um den Ofen Knecht und Herr
die Hände reibt und zittert.
Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
und Teich“ und Seen krachen:
das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
dann will er tot sich lachen.
Sein Schloß von Eis liegt weit hinaus
beim Nordpol an dem Strande;
doch hat er auch ein Sommerhaus
im lieben Schwei zerlande.
Da ist er denn bald dort,
bald hier, gut Regiment zu führen;
und wenn er durchzieht, stehen wir
und seh’n ihn an und frieren
(Quelle: Höheres viertes Lesebuch für amerikanische Schulen, American Book Company, ohne Jahr)