Waldshut

Über dem unteren Tore der Stadt Waldshut ist am Turm ein possierliches Männlein gemalt. Von diesem Stadtmännlein geht folgende hübsche Sage:

Um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts gründete der reiche und mächtige Graf von Habsburg die Stadt. Wie sie gebaut war und von weit und breit die Bürger einzogen, so war man in großer Verlegenheit um einen passenden Namen für die junge Ansiedelung.

„Ich lasse euch die Wahl,“ sagte der Graf von Habsburg. „Welchen Namen ihr der Stadt gebt, den soll sie behalten auf ewige Zeiten.“

Aber die guten Bürger wurden nicht einig; denn wie einer einen Vorschlag tat, so sagten gleich zehn oder zwanzig, daß er nichts tauge. Als endlich einer meinte, man soll die Stadt ihrem Begründer zu Ehren Neuhabsburg nennen, gegenredete der Graf: „Das soll nicht sein, wir haben an dem alten genug.“ Und er setzte einen Preis von zehn Goldstücken für den besten Namen.

Da trat aus den hintersten Reihen ein Hotzenwälder Bäuerlein hervor. Er rieb sich vergnüglich die Hände und rief:

„Herr Graf, Ihr habt doch gewiß das Städtlein errichtet, damit Ihr von hier aus den Schwarzwald beschützen könnt vor allen Angriffen eines übermütigen Feindes. Es steht da zur Hut des Waldes, nennt´s also Waldshut und möge es seinen Namen in Ehren tragen so lang ein Habsburger hier gebietet.“

Dem Grafen gefiel des Bauern Rede nicht übel und er überreichte ihm das Geld. Sein Bildnis aber ward zum Danke für den glücklichen Einfall an den unteren Torturm gemalt und heute noch erzählen sich die Waldshuter die Sage vom Stadtmännlein.

Quelle: Waldshut – eine Erzählung aus Aurelias Sagenkreis, Schwarzwaldsagen und -geschichten